14. April 2020

Erklärung der Stadt Bietigheim-Bissingen zum „Sicheren Hafen“ – Bereitschaft zur Aufnahme von geflüchteten Menschen

Antrag

Die GAL-Fraktion beantragt:

  1. Die Stadt Bietigheim-Bissingen unterstützt wie zahlreiche andere Städte und Gemeinden die überparteiliche Initiative „Seebrücke – Schafft sichere Häfen!“ und erklärt sich selbst zum „Sicheren Hafen“.
  2. Die Stadt Bietigheim-Bissingen erklärt sich dazu bereit, zusätzlich zu den bisherigen Zusagen des Bundes, Menschen aufzunehmen, die auf ihrer Flucht aus Seenot gerettet worden sind oder aus einem überfüllten Lager an den EU- Außengrenzen evakuiert wurden, und teilt dies den zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene mit.
  3. Der Gemeinderat appelliert an die Bundesregierung, sich nachdrücklich und verstärkt für die Bekämpfung der Fluchtursachen sowie für die Rettung von schutzsuchenden Menschen einzusetzen. Zudem fordert der Gemeinderat die Bundesregierung dazu auf, unverzügliche Hilfe zu leisten und dafür zu sorgen, dass jenseits der Konsensfindung auf europäischer Ebene Menschen aus griechischen Lagern nach Deutschland evakuiert werden.

Begründung

Angesichts der weltweiten Corona-Pandemie begreifen wir als Stadt Bietigheim- Bissingen es als unsere humanitäre Pflicht, die sich zuspitzende Katastrophe in den griechischen Flüchtlingslagern abzuwenden. Ein Virus unterscheidet nicht nach Hautfarbe, Religion oder Geschlecht. Die Corona-Pandemie macht deutlich, dass wir Menschen alle auf die gleiche Weise verletzlich sind – und doch entscheiden die Lebensumstände über unsere Gefährdung.

Es ist uns bewusst, dass für die Gewährung von Leistungen für die Versorgung von Asylbewerbern, die Unterkunftsplanung sowie die Steuerung der Anschluss- Unterbringungen der Landkreis Ludwigsburg zuständig ist. Wir sehen auch, dass aufgrund der Corona-Krise die Überstellungen von Geflüchteten im Sinne der Dublin Verordnungen aktuell nicht ohne weiteres möglich sind.

Dennoch sind wir in der Stadt Bietigheim-Bissingen in der Lage, solidarisch und mitmenschlich zu handeln und jene zu unterstützen, die von dieser Katastrophe besonders schwer betroffen sind. Das sind u.a. Alte, Arme, Obdachlose, Immunschwache und auch geflüchtete Menschen an den EU-Außengrenzen.Die Situation in den überfüllten Lagern ist katastrophal, es fehlt insbesondere an medizinischer Hilfe und hygienischer Grundversorgung. Gefangen und isoliert z.B. auf der griechischen Insel Lesbos sind die Menschen der Pandemie schutzlos ausgeliefert. Denn Schutzmaßnahmen, die auf dem europäischen Festland getroffen werden, sind dort schlicht unmöglich.

Diese Entwicklung widerspricht aus Sicht des Bietigheim-Bissinger Gemeinderats ganz grundsätzlich den Werten unseres Zusammenlebens in der europäischen Gemeinschaft, welche von Menschlichkeit und Unterstützung geprägt sein sollte. In Deutschland gibt es bisher 143 „Sichere Häfen“, davon aktuell zwei im Landkreis Ludwigsburg, die ebenfalls bereit sind, Menschen aus Not – insbesondere auch aus der Seenotrettung – zusätzlich bei sich aufzunehmen. Das Engagement der „Sicheren Häfen“ wird von einem breiten Bündnis aus der Zivilgesellschaft getragen. Auch wir als Stadt wollen darauf aufmerksam machen und es im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen, um eine schlimmere Katastrophe zu verhindern. Insbesondere die Punkte 1, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11 aus dem Forderungskatalog der Seebrücke halten wir auf kommunaler Ebene für umsetzbar.

Auch während der Corona-Krise schauen wir in Bietigheim-Bissingen über den Tellerrand und begreifen es als unsere humanitäre Pflicht, gerade jetzt in der Corona- Krise solidarisch zu handeln und unseren Beitrag zu leisten, um eine humanitäre Katastrophe in den griechischen Lagern abzuwenden.

 
Für die GAL-Fraktion

Simone Oehl

Forderungen der „Seebrücke – Schafft sichere Häfen!“